Für alle statt für wenige


Generalstreikfeier in Rapperswil

19.November.2018

Rund 60 Personen trafen sich am Samstag, 17. November, in der Alten Fabrik in Rapperswil zum Gedenken an den Landesstreik vor 100 Jahren. Auf den Festbänken im Fabriktheater sassen neben historisch und politisch interessierten Gäste auch einige illustre Vertreter aus der Politik, unter anderem die Regierungsrätin Heidi Hanselmann und Rebekka Wyler, Co-Generalsekretärin der SP Schweiz. Während die Zuhörerinnen und Zuhörer eine währschafte Suppe löffelten, schlugen die Referenten den Bogen von den Ereignissen rund um den Generalstreik vor hundert Jahren hin zu heute.

Paul Rechsteiner, abtretender Präsident des schweizerischen Gewerkschaftsbundes, bezeichnete den Generalstreik als epochales Ereignis, als ungemeine Machtdemonstration der Bevölkerung. Auch wenn der Streikabbruch damals als Niederlage empfunden wurde, könne der Generalstreik im Nachhinein als Erfolg bewertet werden. Denn durch ihn erhielten die Demokratieentwicklung und der sozialpolitische Fortschritt in der Schweiz einen grossen Schub. Der Forderungskatalog des Oltner Aktionskomitees schrieb im 20. Jahrhundert Geschichte.

Zu den Geschehnissen in Rapperswil in den Tagen rund um den Generalstreik war bis anhin wenig bekannt. Der Lokalhistoriker Basil Vollenweider durchforschte in den letzten Jahren Protokolle und Zeitungsarchive jener Zeit. Eine Person trat dabei besonders hervor: Wilhelm Bürgler, Gründer der sozialdemokratischen Partei Rapperswil und deren Vertreter im Gemeinde- und Kantonsrat – und Streikführer. Bis zu 4’000 Personen versammelten sich täglich bei der Pergola am See und hörten seinen Reden zu. Die Stadt Rapperswil glich einem Pulverfass, umso mehr, als eine 180 Mann starke Landsturmtruppe einrückte, um das Zeughaus und das Munitionslager zu bewachen. Die Situation blieb jedoch, nicht zuletzt dank Bürglers Engagement, vergleichsweise ruhig.

Sein Referates schloss Vollenweider mit einer überraschenden Erkenntnis: Der Streik in Rapperswil sei massgeblich mitverantwortlich gewesen, dass der Generalstreik am 12. November 1918 ausgerufen wurde. Denn wie auch in Zürich und Winterthur legten die Arbeiter hier die Arbeit bereits einen Tag früher nieder und setzten damit das Oltner Aktionskomitee unter Zugzwang.

Nach einer kurzen Pause griff Barbara Gysi, Präsidentin des kantonalen Gewerkschaftsbundes St. Gallen, die Forderungen des Oltner Aktionskomitee wieder auf. Diese hätten leicht adaptiert auch heute noch ihre Gültigkeit. So steht mit der 35h-Woche wiederum eine Senkung der Arbeitszeit im Raum. Die langfristige Finanzierung und ein Ausbau der AHV stehen zur Debatte. Und das Frauenstimm- und Wahlrecht wurde zwar 1971 eingeführt, doch die Frauen sind in der Politik weiterhin massiv untervertreten.

Die Nationalrätin Claudia Friedl stellte die Frauenrechte in den Mittelpunkt ihres Referates. Mit Bildern illustrierte sie anschaulich den internationalen Kampf für Frauenrechte. Die #metoo-Bewegung und der Ruf nach Lohngleichheit mobilisierten dieses Jahr mehrere Tausend Personen. Hundert Jahre nach dem Generalstreik ist Streiken hochaktuell: Der 2. nationale Frauenstreiktag am 14. Juni 2019 zeichnet sich ab.

Beim anschliessenden Glas Wein wurde im Fabriktheater noch lange debattiert. Von Dominique Feuillet gesungene Arbeiterlieder rundeten den stimmigen Abend ab.




SP vor Ort